Mein Hund bleibt nicht alleine.

Ein schlimmer Aha-Moment für alle Hundebesitzer: „Ich kann meinen Hund nicht alleine lassen“. Ich kenne diesen Moment, denn wie ich in meinem Artikel „Die Trennungsangst meines Hundes“ beschreibe, kam dieser Moment relativ schnell nach dem Einzug unserer Hündin Seven. Sie bellte fast ununterbrochen während unserer Abwesenheit.

Die damalige Situation war für uns nicht hinzunehmen. Vordergründig natürlich, weil wir nicht wollten, das Seven leidet, aber ehrlich gesagt auch, weil wir dadurch unsere komplette Freiheit verloren. Uns war klar, dass unserer Hund ab und an auch alleine bleiben soll und wir standen vor dem Problem, vor dem du wahrscheinlich gerade stehst. Mittlerweile kann unser Hund alleine bleiben und ich bin zertifizierter Hundetrainer mit meiner Online-Hundeschule „Hund alleine lassen“.

Ich weiß sehr gut, in welcher Situation du dich befindest und was für Fragen du hast. Also fangen wir an:

Hund kann trotz Training nicht alleine bleiben.

Es kann sein, dass du das alleine bleiben mit deinem Hund schon trainiert hast und merkst: da passiert nichts – trotz Training. So erging es uns damals mit Seven auch. Wir trainierten das Alleinsein fast von Anfang an und trotzdem hatte unserer Hund ein Problem mit dem Alleinbleiben, was natürlich auch unsere Nachbarschaft mitbekam, was die Situation noch unangenehmer machte.

Hund schaut traurig aus dem Fenster beim Alleine bleiben

Hund kann plötzlich nicht mehr alleine bleiben.

Gar nicht so selten kommt es vor, dass mir Menschen erzählen, ihr Hund konnte schon mal alleine bleiben, hat es jetzt aber verlernt. Die Ursachen dafür können vielfältig sein. Häufig ist es die einsetzende Pubertät. Wenn du also beobachtest, dass dein Hund mit 1 Jahr nicht alleine bleiben kann, es vorher aber konnte, spricht das für Auswirkungen der Pubertät. Denn hier entstehen häufig Ängste, die vorher nicht vorhanden waren.

Ein weiterer Grund könnte ein plötzlicher Wechsel im Alltag sein.

Wechsel der Besitzer, laute und beängstigende Geräusche, die von den Nachbarn kommen und deinen Hund beim Alleinbleiben verunsichert haben oder auch die Corona-Zeit, in der dein Hund gar nicht alleine bleiben musste. Durch Wechsel in eurem Alltag verändert sich euer Zusammenleben und das kann sich wiederum auf das Alleinlassen auswirken.

Hund liegt mit Tennisball in seinem Körbchen und möchte nicht alleine bleiben

Warum kann mein Hund nicht alleine bleiben?

Trennungsangst beim Hund ist eine Panikstörung, die ca. 20% der Hunde betrifft. Diese äußert sich häufig im Bellen, Zerstören (z.B. deiner Schuhe oder der Türen deiner Wohnung) und dem Verrichten des Geschäfts in der Wohnung. Solltest du also ein Häufchen finden, obwohl dein Hund sich vorher lösen konnte, fange an, deinen Hund beim Alleinsein zu beobachten.

Vergleichbar ist die Trennungsangst mit Angststörungen des Menschen.

Hunde sind Rudeltiere und benötigen vor allem soziale Kontakte. Grundsätzlich ist es für jeden Hund höchst unnatürlich, alleine zu sein. Der Hund stammt vom Wolf ab, der ein Rudeltier ist. Das Alleinsein des Wolfes ging mit einer erhöhten Lebensgefahr einher. So ist es also nicht verwunderlich, dass ein Hund, der alleine gelassen wird, Angst hat. Er fühlt sich nicht mehr sicher.

Vielen Hunden kann man glücklicherweise recht schnell beibringen, dass diese Angst unbegründet ist und dass sie auch alleine sicher zuhause sind.

Es gibt jedoch Hunde, die unter sogenannter Trennungsangst leiden. Wie diese entsteht ist wissenschaftlich noch nicht gänzlich geklärt. Es gibt jedoch Hinweise, dass negative Vorerfahrungen, wie z.B. ein häufiger Besitzerwechsel, zu frühe Trennung vom Muttertier und den anderen Welpen, Tod in der Familie oder Misshandlungen negativ Einfluss auf die Entstehung von Trennungsangst bei Hunden nehmen können. Außerdem wird noch geforscht, ob es eine Art genetische Prädisposition für eine Trennungsangst beim Hund gibt, also ob die Trennungsangst beim Hund erblich bedingt sein könnte.

Solltest du also ein schlechtes Gewissen oder Angst haben, in der Hundeerziehung versagt zu haben, kann ich dir die Sorge nehmen. Trennungsstress steht nicht mit verwöhnendem Verhalten in Zusammenhang. Du kannst deinen Hund also weiterhin auf das Sofa oder in dein Bett lassen. Dies wirkt sich nicht negativ auf das Alleine bleiben aus. Es ist auch ok, wenn dein Hund bei dir in unsicheren Situationen Schutz sucht und du ihm diesen gibst. Das macht letzten Endes eure Hund-Mensch-Bindung aus und ist etwas Schönes!

Aktuell wird angenommen, dass die Trennungsangst beim Hund eher ein Syndrom anstatt eine Diagnose darstellt. Der Unterschied zur Diagnose liegt beim Syndrom darin, dass der Grund ein anderer ist – das Syndrom ist nur der Ausdruck dessen. Vergleichbar ist dies z.B. mit Kopfschmerzen. Diese sind auch keine Diagnose, sondern ein Syndrom – eine Diagnose wäre in diesem Fall beispielsweise Migräne oder Verspannungen.

trauriger Hundekopf beim Alleinbleiben

Wie äußert sich Trennungsangst beim Hund?

Aktuell wird in der Forschung von 4 Gruppen der Trennungsangst bei Hunden ausgegangen (hier findest du den dazugehörigen Forschungsartikel):

Gruppe A – ich nenne sie „die Frustrierten„

ist die kleinste Gruppe. Von den Hunden mit Trennungsangst machen sie ca. 17,4% aus. Es handelt sich hierbei um Hunde, die Aversionen gegen das aktive Verlassen des Menschen haben und diese z.B. durch die Zerstörung von Möbeln ausdrücken.

Die Hintergründe dieser Gruppe sind nicht vollständig geklärt, man nimmt jedoch an, dass es sich in vielen Fällen um Hunde handelt, die darauf gezüchtet wurden, eine Gruppe zusammenzuhalten (z.B. Schäferhunde).

Das Verlassen eines Herdenmitglieds (in diesem Fall du als Mensch) könnte dementsprechend ein Trigger sein, auf den der Hund reagiert. Diese Gruppe stellt eine Sonderform dar und fällt nicht unbedingt in das Cluster „Trennungsangst“. Solltest du einen Hund haben, der wirklich extreme Aggressionen zeigt, sobald du aus der Tür gehst, hole dir bitte unbedingt Hilfe von einem Verhaltenstherapeuten für Hunde.

Gruppe B – ich nenne sie „die Follower„

stellen mit 29% schon einen deutlich größeren Anteil der trennungsängstlichen Hunde dar. Diese Hunde empfinden Frust, wenn sie alleine sind und zeigen typische Trennungsangst-Symptome, z.B. in Form von Bellen. Sie wollen unbedingt bei ihrem Menschen sein und haben auch innerhalb der Wohnung Probleme, den Menschen aus den Augen zu lassen – sie folgen ihm überall hin und wollen am liebsten sogar mit unter die Dusche. Sie verhalten sich allgemein jedoch selbstbewusst und in der Natur nicht ängstlich. Diskutiert wird diese Form auch häufig unter „Kontrollverlust“. Einen Artikel zum Thema Kontrollverlust findest du hier.

Hund liegt traurig auf dem Boden

Gruppe C – ich nenne sie „die Ängstlichen“ .

Dies betrifft 35,6% der trennungsängstlichen Hunde. Diese Gruppe sind die typischen Trennungsangst-Hunde. Sie haben Angst und Panik davor, alleine zu sein, was sich im Bellen, Zerstören, Urinieren oder sogar in Selbstzerstörung äußern kann. Diese Form kann sich aber auch in absoluter Stille äußern – die Hunde leiden dann ganz leise und fressen beispielsweise nicht, wenn sie alleine sind.

Sie sind nicht frustriert, sondern haben wirklich große Angst und Panik. Wenn sie könnten, würden sie sofort aus dem Haus rennen, um nicht mehr alleine sein zu müssen (das sieht man häufig auch an zerkratzten Türrahmen). Sie brauchen sehr viel Unterstützung und Förderung ihres Selbstvertrauens durch den Besitzer und verhalten sich in der Natur auch häufig ängstlicher als andere Hunde.

Gruppe D – ich nenne sie „die Gelangweilten“ .

In der Forschung betrifft dies die Hunde, die nicht in die ersten drei Kategorien passen. Mit 18% machen sie einen kleineren Anteil der trennungsängstlichen Hunde aus. Meistens handelt es sich um Hunde, deren Bedürfnisse nicht erfüllt wurden. Sie wurden z.B. kognitiv und physisch ihrem Alter entsprechend nicht genug ausgelastet und suchen sich Beschäftigung, wenn sie alleine sind (dabei hält dann häufig das Mobiliar her).

Konntest du deinen Hund bereits zuordnen? Jetzt kommt die gute Nachricht: Gruppen B-D können von meinem Online-Programm profitieren. Je nach Gruppe sind die Fortschritte in der Regel schneller zu erreichen oder dauern etwas länger. Wichtig ist, dass dies nur grobe Kategorien sind, zwischen denen es auch Überschneidungen gibt. Also keine Sorge, wenn du deinen Hund nicht eindeutig zuordnen kannst.

Hund liegt traurig auf dem Teppich

Achte auf diese Symptome, wenn dein Hund alleine bleiben soll.

Wie oben beschrieben, gibt es vier verschiedene Arten, wovon in meinem Kurs Gruppe B bis Gruppe D abgedeckt werden. Um festzustellen, ob dein Hund zu einer dieser drei Gruppen gehört, achte bitte auf folgende Symptome (eines reicht bereits – es müssen nicht alle erfüllt sein!):

  • Dein Hund bellt, heult, jault oder weint exzessiv, wenn du nicht zuhause bist (Achtung! Sollte dein Hund zu Beginn ein wenig jaulen, sich dann aber hinlegen und entspannt schlafen, handelt es sich höchstwahrscheinlich nicht um Trennungsangst. Beobachte sein Verhalten bitte mit einer Kamera).
  • Dein Hund zeigt destruktives Verhalten, obwohl du ihn physisch und mental ausgelastet hast.
  • Dein Hund verrichtet sein Geschäft im Haus – das tut er aber nur, wenn du nicht da bist (obwohl du vorher mit ihm draußen warst).
  • Die Ausgangstüren oder -fenster sind zerkratzt.
  • Dein Hund hechelt stark, wenn du nicht zuhause bist, läuft unruhig durch die Wohnung oder kommt nicht zur Ruhe.
  • Er verletzt sich selbst, indem er z.B. seine Pfoten wund kaut.
  • Du hast deinem Hund Futter hingelegt oder Spielzeug und er rührt es nicht an.
  • Du bemerkst, dass seine Pfoten schwitzig sind, wenn du zurück kommst.
  • Er freut sich exzessiv und kann sich kaum beruhigen, wenn du nachhause kommst.
  • Sobald er sich dann jedoch beruhigt hat, schläft er völlig erschöpft für längere Zeit.Hund sieht traurig und lethargisch aus

Du bemerkst schon: Du musst deinen Hund filmen, um wirklich alle Symptome zu überprüfen.

Wenn du keine Kamera hast, ist das nicht schlimm – du kannst sie entweder günstig im Internet erwerben oder du nimmst einfach ein Tablet und installierst eine App (z.B. ivideon – in der Basisversion sogar kostenfrei). Das reicht auf jeden Fall, um die Symptome zu erfassen. Langfristig empfehle ich dir eine Kamera, die du mit deinem Smartphone steuern kannst und die sich drehen kann. Die Steuerung kannst du dir vorstellen wie eine Fernbedienung.

Später schaust du dir das Video an und analysierst, bis wann dein Hund wirklich entspannt sein konnte und wann du die ersten Zeichen von Stress erkennen kannst während deiner Abwesenheit. Wichtig ist, dass deine Abwesenheit auch erstmal in der Wohnung stattfinden sollte und nicht direkt komplett außer Haus.

Hund hat Ohren angelegt und möchte nicht alleine bleiben

Was können Hundebesitzer tun, deren Hunde nicht alleine bleiben können?

Wenn du festgestellt hast „Mein Hund kann nicht alleine bleiben“ dann ist das erstmal ein Schock. Vielleicht hast du auch schon gegoogelt und ganz viele Tipps ausprobiert und findest aber nicht die Lösung, die euch weiterbringt.

Damit dein Hund lernt, alleine zu bleiben, ist es wichtig, dass du verstehst, was hinter Trennungsstress steckt und darauf Rücksicht nimmst. Dazu gehört, dass du deine Abwesenheit vorerst reduzierst, optimalerweise komplett weglässt, damit dein Hund keine weiteren negativen Erfahrungen beim Alleinbleiben macht und dieses weiterhin mit Einsamkeit und Angst verknüpft.

Hund schaut traurig mit seinen Augen nach oben

Dies bedeutet, dass deine erste Aufgabe darin besteht, dir einen Hundesitter zu suchen, damit du nicht rund um die Uhr zu hause sitzt, sondern auch mal ohne Hund etwas erledigen kannst.

Frage hier Freunde und Familie und schaue dich nach Hundetagesstätten oder privaten Hundesittern um, zum Beispiel auf nebenan.de.

Suche dir also Hilfe bei der Hundebetreuung und vertraue deinen Freunden, wenn sie dir sagen, dass sie dies gerne für dich tun! Es ist ok, Hilfe anzunehmen! Solltest du einen Hundesitter finden, den du noch nicht kennst, schaue auch hier auf das Wohl des Hundes und lerne diesen erst einmal kennen. So können die beiden sich beschnuppern und der Hundesitter kann das Verhalten und den Charakter deines Hundes erstmal kennenlernen.

Wenn dein Hund nicht alleine bleiben kann und unter Trennungsstress leidet, ist es wichtig, das Training sehr kleinschrittig aufzubauen. Lasse es bitte nicht so weit kommen, dass dein Hund am bellen ist, sondern komme zurück, solange dein Hund noch gut mit der Situation umgehen kann, zum Beispiel, wenn er auf der Couch liegt. In meinem Blogartikel „Hund alleine lassen üben“ erzähle ich dir, worauf du im Training mit deinem Vierbeiner noch achten solltest und worauf du verzichten solltest, wenn dein Hund alleine zu hause Stress hat.

Hund ist sehr traurig, das weiße im Auge ist zu sehen.

Dein Hund kann nicht alleine bleiben und das bisherige Training zu hause hat nichts gebracht? Vielleicht hast du einen Welpen und dich interessiert, wie du mit deinem Welpen das Training zu hause aufbaust, ohne, dass deine Schuhe darunter leiden? Auf Instagram gebe ich viele kostenfreie Tipps zum Thema Trennungsangst beim Hund. Darüber hinaus habe ich ein kostenfreies Praxis-Training für dich erstellt mit drei wichtigen Schritten und Tipps bei Trennungsstress beim Hund.

Es ist nicht leicht, wenn der Hund nicht alleine zu hause bleiben kann – das weiß ich genauso gut wie du. Aber die Chancen stehen sehr gut, dass du deinem Vierbeiner das Alleinbleiben beibringen kannst.

Du als Hundehalter bist in der Position, deinem Vierbeiner zu zeigen, dass er sicher beim Alleinbleiben ist und ein schönes Hundeleben bei dir hat, auch wenn es Zeiten gibt, zu denen dein Hund allein sein muss. Und das ist möglich! Und wenn ihr das erreicht habt, werdet ihr euer gemeinsames Leben umso mehr genießen!

Ich wünsche mir, dass keine Tiere mehr unter Trennungsstress leiden müssen und dabei einfach weiterhin alleine zu haus gelassen werden. Ich wünsche mir, dass viel mehr Menschen anfangen, ihre Tiere zu filmen, wenn sie zu haus sind und die Hundehalter weg sind. Zum Wohl des Hundes und auch für deine Freiheit.

Denn was gibt es schöneres, als in Ruhe essen zu gehen und dabei zu wissen: meinem Hund geht es gut, wenn er alleine ist?

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